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Tod, Geschlecht, Kapital. Seminar von Junge Linge RLP mit Les Madeleines.

In Uncategorized on 8. September 2013 at 18:14

Endlich! Unser Seminar zum Thema “Tod Geschlecht, Kapital” hat vom 23.-25.8. 2013 stattgefunden. Wir danken Junge Linke Rheinland-Pfalz für die Organisation und die wunderbare  Verpflegung!

Über den Tod kann man eigentlich nicht mehr sagen, als Woody Allen es bereits getan hat: »Ich lehne ihn strikt ab.« Etwas philosophischer steht es bei Adorno: Keine Utopie ohne die der Abschaffung des Todes. Denn der Tod, das stumpfeste und geistloseste, was sich denken lässt, ist Siegel all dessen, was falsch ist: vollendete Absage an Freiheit und Glück, der irreversible Triumph des blinden Ganzen über das zerbrechliche und verletzliche Einzelne. Sterben, als das Urbild menschlicher Schwäche, verführt seit jeher zur Verklärung des Übermächtigen. Dieser Zusammenhang von Tod und Herrschaft soll auf unserem Seminar in verschiedenen Facetten untersucht werden.Die Verwaltbarkeit des TodesSeit der medizinische Fortschritt die Grenze zwischen Leben und Tod immer prekärer werden lässt, sind die Experten gefragt. Mediziner und Bioethiker tüfteln an Definitionen, ab wann ein Mensch als tot zu gelten hat (und ihm also Organe entnommen werden können), und die Bürger sind aufgefordert, mit Organspendeausweis und Patientenverfügungen den reibungslosen Ablauf des Sterbens sicherzustellen. Wir wollen einen Überblick über die entsprechenden Entwicklungen geben und fragen, was die bürokratische Integration des Sterbens für das Selbstbild des bürgerlichen Subjekts bedeutet.

Kapitale Todeskulte

Die Bürger verbannen den Tod am liebsten aus ihrem Blickfeld – und doch sorgt er auch zugleich für eine heimlich-unheimliche Faszination. Deren Endpunkt bildet der faschistische und islamistische Todeskitsch: »Viva la muerte«, skandierten die spanischen Falangisten, und die Djihadisten sekundieren: »Ihr liebt das Leben, wir lieben den Tod«. Diese mörderische Angstlust gilt es ideologiekritisch zu dechiffrieren – und dabei zu fragen, was sie übers Kapitalverhältnis selbst, die endlose Akkumulation toter Arbeit, verrät.

Verklärung des Todes und untotes Leben

Bilder vom Tod einerseits, von Unsterblichkeit andererseits gehören, seit es Kulturindustrie gibt, sowohl als Wunsch- wie als Schreckensbilder zu deren liebsten Sujets. Anhand eines ihrer erfolgreichsten Produkte, der Harry-Potter-Reihe, wollen wir modellhaft den jüngsten Variationen dieser Bildproduktion nachgehen und fragen, was es mit einem Bewusstsein auf sich hat, das ewiges Leben nur als endlosen Schrecken zu denken vermag.

Death and the Maiden

Den Preis für das doppeldeutige Verhältnis zum Tode haben unter patriarchalen Verhältnissen stets die Frauen zu tragen. Seit der Antike wird ihnen, analog zur Rolle als Lebensspenderin, auch die größere Nähe zum Totenreich zugeschrieben. Zu diskutieren wäre, inwiefern auch in der spätbürgerlichen Gesellschaft, welche formale Gleichberechtigung mit dem weiterhin fortwesenden Geschlechterverhältnis koexistiern lässt, sich das Bild der Frau, die politisch-ökonomisch nicht ganz von dieser Welt zu sein scheint, erhält.

Tod und Utopie

Wenn Adorno von der Hoffnung auf die Abschaffung des Todes spricht, so warnt er zugleich, dem Gedanke daran müsse selbst die Schwere des Todes innewohnen. Denn unter herrschenden Bedingungen droht der utopische Wunsch stets in die Horrorvision sturer Selbsterhaltung umzuschlagen, ins Bild von Subjekten, deren hermetische Abdichtung gegen alles Fremde, Andere selbst Gevatter Hein keine Chance lässt. Abschließend wollen wir uns daher der Frage widmen, was Widerstand gegen die Vorherrschaft des Todes mehr und anderes heißen kann als Überleben um jeden Preis – und auch, ob für die befreite Menschheit selbst die Sterblichkeit ihren Schrecken zu verlieren vermöchte.

http://jd-jl-rlp.de/event/tod-geschlecht-kapital-seminar-mit-der-gruppe-les-madeleines/