Das Konzept der Definitionsmacht wurde entwickelt um eine zusätzliche
Belastung nach sexuellen Gewalterfahrungen durch die bürgerliche
Rechtssprechung zu verhindern. Es galt als Reaktion darauf, dass in
Gerichtsverhandlungen Übergriffe als Kavaliersdelikte heruntergespielt
wurden, Verteidiger versuchten eine Mitschuld nachzuweisen oder Anklagen
wegen Verjährungsfristen und mangelnder Beweislage fallen gelassen
wurden. Entgegengesetzt wurde ein Ansatz, der stolz von sich behauptet,
das subjektive Empfinden des Opfers zum Ausgangspunkt zu machen und die
Unschuldsvermutung gegenüber Tätern außer Kraft zu setzen. Mittlerweile
wird Definitionsmacht häufig als einzige Alternative dargestellt, mit
Sexismus, Übergriffen und Gewalt in der Linken umzugehen. Beim näheren Hinsehen aber entpuppt sich
dieses Konzept als anti-emanzipatorisch: Es trägt zur Relativierung von
Vergewaltigungen bei und eignet sich weder zum Umgang mit sexueller
Gewalt noch zu einer Kritik des Geschlechterverhältnisses, sondern es
zementiert patriarchale Klischees, verewigt die Geschlechterordnung,
ermöglicht eine einfache Einübung in autoritäres Denken und lässt
diejenigen, die sexuelle Gewalt erlitten haben, im Stich.
Thema der Veranstaltung wird auch sein, welche Entwicklung das nun schon
ältere Dogma der Definitionsmacht genommen hat. Es ist eine sich
verstärkende Tendenz zur Selbstabdichtung zu beobachten – ging es vor
einigen Jahren auch und vorrangig darum, gegen Täter und sog.
Täterschützer vorzugehen, wird zunehmend versichert, es ginge gerade
nicht darum, diese zu kompromttieren. Weniger denn je geht es um einen
Schutz der Opfer, als um den Schutz von Awarenessgroups,
Unterstützerkreisen und Täterumgangsgruppen selbst vor den verstörenden
Erfahrungen, den die ausgemachten Täter und Opfer verkörpern. Jeder
politische Anspruch, diejenigen zu unterstützen, die von sexueller
Gewalt betroffen sind, geht dabei flöten. In der Erklärung, man sei
solidarisch mit dem Konzept, wird die eigene Identität genossen.
Veranstaltungsort: Schankwirtschaft Laidak Boddinstraße 42 12053 Berlin